Kurzinfo
zum Vorbild:
Reihe 93 der ÖBB
In den 1920er-Jahren machte sich für
die Eisenbahn – ähnlich wie im Deutschen Reich – auch in
Österreich die zunehmende Konkurrenz des Straßenverkehrs
immer stärker bemerkbar. Besonders die Nebenbahnen waren vom
fortschreitenden Verkehrsrückgang betroffen – folglich
mussten die Österreichischen Bundesbahnen BBÖ reagieren und
den Nebenbahndienst attraktiver und vor allem moderner und
damit schneller gestalten. Bislang war auf den Nebenbahnen
vor allem altes Fahrzeugmaterial „aufgebraucht“ worden, das
für den Hauptbahndienst nicht mehr geeignet war und meist
aus der Zeit um die Jahrhundertwende stammte; die
Lokomotiven waren daher nicht nur technisch veraltet,
sondern auch zu schwach für die gesteigerte Zuggewichte und
zu langsam für eine Beschleunigung des Verkehrs. Daher war
es nur konsequent, dass die BBÖ deshalb trotz aller
finanzieller Sorgen 1925 die Lokomotivfabrik Floridsdorf mit
dem Entwurf einer neuen Heißdampf-Tenderlokomotive
beauftragte.
Die Forderung nach freizügiger Verwendung auf den nur für
geringe Radsatzlasten bis 11 t ausgelegten Nebenbahnen
Österreichs führte zur Bauart 1’D1’ mit seitenverschiebbarer
vorderer und hinterer Adams-Laufachse, die das Befahren von
Kurvenradien bis zu 100 m hinab erlaubten. Gemäß der
österreichischen Gepflogenheiten wurde für die neuen
Tenderlokomotiven die Reihenbezeichnung 378 festgelegt. Sie
entstanden zeitgleich mit der vierfach gekuppelten
Rangierlok der Reihe 478, mit der sie im Zuge der
Vereinheitlichung viele Baugruppen gemeinsam hatten.
Gegenüber der bewährten D-Kuppler-Reihe 178 nach
Gölsdorfschen Bauprinzipien erhielt die neue, unter
Federführung von Oberbaurat Alexander Lehner entstandene
Reihe 378 eine um 31 % größere Verdampfungsheizfläche und
einen um 21 % größeren Rost. Wie alle BBÖ-Neubauten der
damaligen Zeit erhielten die 378er Lentz-Ventilsteuerung mit
Zwischenhebeln; die ersten Maschinen verfügten zudem noch
über die von der Reihe 178 übernommenen
Vollgussscheibenräder mit 1140 mm Durchmesser, spätere
Lieferungen hatten dann Stahlgussspeichenräder. Die
seitlichen Wasserkästen verfügten über ein Fassungsvermögen
von 10 m3, 3 t Kohle konnten mitgeführt werden.
Als Höchstgeschwindigkeit waren 60 km/h zugelassen.
Zwischen 1927 und 1931 entstanden in mehreren Lieferserien
bei allen österreichischen Lokomotivherstellern insgesamt
167 Exemplare der Reihe 378. Sie kamen nach ihrer
Ablieferung vor allem auf den Nebenbahnen in Ober- und
Niederösterreich sowie in Kärten und der Steiermark zum
Einsatz. Auch auf Hauptbahnen waren sie abschnittsweise
eingesetzt. Die ausgewogene Konstruktion konnte sich im
Betriebsdienst vollauf bewähren und erlaubte das Führen von
440 t schweren Zügen on der Ebene mit Höchstgeschwindigkeit,
in der 10 ‰-Steigung waren bei 50 km/h noch Zughakenlasten
von 150 t möglich. Mit den neuen Lokomotiven konnte der
Zubringerverkehr zu den Hauptbahnen erheblich beschleunigt
werden.
Mit dem „Anschluss“ Österreichs an das Deutsche Reich 1938
wurden die Maschinen der Reihe 378 in die neue
Reichsbahnbaureihe 93.13-14 umgezeichnet (93 1301-1467); an
ihrem Einsatzgebiet änderte sich hingegen nichts. Durch
Kriegseinwirkungen wurden elf Loks so schwer beschädigt,
dass sie ausgemustert werden mussten; vier weitere
verblieben in Jugoslawien, wohin 1946 weitere 24 Maschinen
abgegeben werden mussten, die dort die Reihenbezeichnung 53
erhielten. Die nach 1945 wieder neu eingerichteten
Österreichischen Bundesbahnen hielten für ihre verbliebenen
128 Loks an der DR-Baureihenbezeichnung 93 fest, die sich
auch nach der Umzeichnungsaktion von 1953 nicht änderte.
Verzichten konnten die ÖBB auf ihre wendigen
Nebenbahnmaschinen nicht, auch wenn immer mehr Dieselloks in
deren angestammten Revieren Einzug hielten. Ab 1955
erhielten insgesamt 72 Maschinen, also in etwa zwei Drittel
des Bestandes, einen der bei den ÖBB sehr weit verbreiteten
Giesl-Ejektoren, der zu einer erheblichen
Leistungssteigerung von etwa 30 % führte. Bis 1965 blieben
alle Loks einsatzfähig, erst dann begannen die
Ausmusterungen. Dennoch standen 1970 immer noch 107 Loks der
Reihe 93 im Dienst. Zusammen mit der Reihe 52 waren sie die
am längsten von der ÖBB eingesetzte Dampflokreihe, von denen
einige auch das offizielle Ende des ÖBB-Dampfbetriebes Ende
1976 überlebten. Mehrere Maschinen wurden sogar noch bis
1982 betriebsfähig vorgehalten. Entsprechen groß ist auch
die Zahl der überlebenden Maschinen, die bei mehreren
Museumsbahnen – zum Teil betriebsfähig – vorgehalten werden.
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